Auslandsjahr High School: Erfahrungsberichte & Forum

Hier findest du Erfahrungsberichte zum Thema Schüleraustausch in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Frankreich, Spanien etc ...

Vorname:
Heike
Alter:
17
aus:
Appenheim
Schultyp:
Staatliche Schule

Hier der Bericht von Heike:

 

Was waren für dich die drei größten Unterschiede zwischen Zielland und Deutschland?

Am prägnantesten war sicherlich der Sprachunterschied, zumal ich zum Zeitpunkt meiner Anreise nur den von GLS angebotenen Ostersprachkurs besucht hatte und dementsprechend über fast keine Sprachkenntnisse verfügte. Mit English kam man innerhalb der Schule auch nicht weit, da zu meiner Überraschung nur die Leiterin des Internationalen Departments Englisch sprach.

Zudem war für mich der Aufenthalt in einem Internat und in einer Großstadt ungewohnt, doch genau wie die Vielzahl an kulturellen Unterschieden machten diese Aspekte den Aufenthalt zu etwas Besonderem.

Woran denkst du als erstes, wenn du an deinen Auslandsaufenthalt denkst?

An meine zweite Gastfamilie. Nachdem meine erste Gastfamilie in den vierwöchigen Winterferien nach Amerika fuhr und ich eine neue Gastfamilie zugeteilt bekam, lebte ich für das restliche halbe Jahr in einem der letzten Pekinger Hutongs etwas außerhalb der Stadt. Diese Gastfamilie war zwar bei Weitem nicht so reich wie die Vorherige - es gab weder Toilette noch Dusche im Haus, nur zwei separate Räume - aber man begegnete mir dort mit einer ganz anderen Freundlichkeit. Auch ein Jahr später telefoniere ich noch mit meiner Gastfamilie und sie vermitteln mir immer noch das Gefühl, dass sie mich in ihre Welt aufgenommen haben, trotz aller kulturellen Unterschiede, anfänglichen Verständigungsproblemen und der doch recht kurzen mit ihnen verbrachten Zeit.

Was hat dir besonders gut gefallen?

Mir hat sowohl die Zeit im Internat mit den anderen internationalen Schülern als auch die Zeit mit meiner zweiten Gastfamilie sehr gut gefallen. Sonntags kam ich oft schon morgens ins Internat zurück, da meine Gastschwester um 8 Uhr Schule hatte, und so konnte ich den Sonntag zu Ausflügen nutzen. Empfehlen würde ich vor allem den alten Sommerpalast, dieser ist zwar lange nicht so bekannt wie der Neue, allerdings kann man dort sowohl die Natur als auch die chinesische Kunst in aller Ruhe genießen, denn dort wimmelt es nicht so von Besuchern.

Wie sieht ein typischer Schultag aus? War es leicht, Klassenkamerad/innen kennen zu lernen?

Der typische Schultag fing gegen acht Uhr an, um 12:05 h gab es dann die Mittagspause, bevor es um halb zwei bis meist 15:55 h weiterging. Die einzelnen Stunden dauerten dabei je 45 Minuten. Außerdem sollte man wissen, dass von 19 bis 21 Uhr die sogenannte "study time" herrscht, in der man auf seinem Zimmer Hausaufgaben machen sollte, über die man sich allerdings auch leicht hinwegsetzen kann.

Das Kennenlernen von Klassenkameraden und -kameradinnen ist sehr leicht, da die Klassen eine überschaubare Größe besitzen und man so -nach dem Überwinden mancher Sprachbarrieren- zu den meisten eine Freundschaft aufbauen kann. Zudem ist man weitestgehend von den chinesischen Schülern abgegrenzt, so dass man fast automatisch viel mit den Mitschülern unternimmt.

Leben in der Gastfamilie oder im Internat: Was ist ganz anders als zu Hause?

Für mich persönlich war besonders das Internatsleben eine sehr von dem Gewohnten abweichende Erfahrung, da ich nicht nur mit einer Freundin ein Zimmer teilte, sondern auf dem ganzen Flur Mitschülerinnen wohnten. Somit unternahmen wir viel mehr zusammen, verbrachten mehr Zeit miteinander und freundeten uns auch schneller an, als dies der Fall ist, wenn man sich nur in der Schule sieht und eine halbe Stunde voneinander entfernt wohnt.

In der Gastfamilie hatte ich zu Beginn leichte Verständigungsprobleme, da auch hier eine englische Konversation um Fragen zu klären nicht möglich war, doch mit der Zeit legten sich diese. Während meine erste Gastfamilie dachte, ich würde nur für ein Wochenende bleiben und mich dementsprechend mir selbst überließ, nahm meine zweite Gastfamilie das Leben viel leichter, als dies in Deutschland im allgemeinen der Fall ist und transportierten die Freude, die sie an ihrem bescheideneren Leben hatten.

Wie hast du die außerschulische Zeit verbracht?

Da wir meist bis 16 Uhr Schule hatten und um 19 Uhr wieder in unseren Zimmern zurücksein mussten, blieb uns nicht viel außerschulische Zeit. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass wir zu Beginn nur ein- bis zweimal pro Woche das Schulgelände verlassen durften und wir uns während des gesamten Schuljahres immer einen Erlaubniszettel abholen mussten.

Oft ging es dann zum nahegelegenen Supermarkt, um benötigte Sachen einzukaufen - auch etwas zu essen, da Qualität und Geschmack des Schulessens im Laufe der Zeit sehr schwankten. Auf den Schlafsälen schauten wir uns abends mitunter Filme an oder trafen uns einfach nur zum erzählen. Am Wochenende bei der Gastfamilie besuchte ich mit ihnen oft allerlei Verwandte und Bekannte.

 

Zum HSK Test:

 

Vorbereitung:

Um bestens für den Hanyu Shuiping Kaoshi gerüstet zu sein, erhielten wir im zweiten Halbjahr spezielle Unterrichtsstunden und füllten reihenweise Testbögen aus. Bestehend aus Hörverständnis, Grammatikaufgaben, Leseverständnis sowie der Unterscheidung ähnlicher Wörter fielen die Testergebnisse sehr unterschiedlich aus, was auch an der unterschiedlichen Schwere der Übungsbögen lag. Je näher der Test rückte, desto mehr Vokabeln sollten wir speziell für den Test lernen, wir bekamen Listen mit Sprichwörtern und Synonymen, die es zu wissen galt. Um uns Mut zu machen, versicherte uns der zuständige Lehrer, dass die Prüfungsbogen weitaus leichter sind als die Übungsbögen - denn nur wer das Schwere lernt kann das Leichte. Restlos überzeugen konnten diese Mutmacher wohl aber keinen, dafür hatten wir zu viele ernüchternde Übungsbögen ausgefüllt.

 

Der Testtag:

Der Test fand an einem Sonntagmorgen Ende Juni statt und somit gegen Ende unseres Aufenthaltes in der chinesischen Hauptstadt. Dies bedeutete zwar zum einen, dass wir unser über zehn Monate ausgebautes Chinesischwissen nun gebündelt unter Beweis stellen konnten, zum anderen würden wir aber die Ergebnisse erst in Deutschland erhalten und im Falle eines Durchfallens erst im Heimatland wieder zum Test antreten können - wenn wir auch etwas Chinesisch schon wieder verlernt hätten. Entsprechend aufgeregt waren wir wohl alle. Ich persönlich versuchte mir einzureden, dass der Test leichter würde als die Übungsbögen, wie von dem Lehrer ja konsequent behauptet, glaubte aber nicht recht daran. In dem Prüfungsraum angekommen, herrschte dort solch eine Aufregung, dass ich die ersten drei Fragen des bereits beginnenden Hörverständnisteils, der mittels Kassettenrecorder stattfand, schon rein akustisch nicht verstehen konnte. Doch dann legte sich der Geräuschpegel und es ging los...

 

Nach dem Test:

Ob der Test wirklich einfacher war, vermag ich abschließend noch immer nicht zu beurteilen. Doch auch nach Verlassen des Prüfungsraumes konnte ich mich nicht von der Ungewissheit befreien, ob der Test nun bestanden war oder nicht. Gewissheit erhielt ich erst später, und konnte anfänglich gar nicht glauben, dass ich doch tatsächlich das achte Level erreicht haben sollte! Damit hatte ich keinesfalls gerechnet, die ganze Zeit war ich im Falle eines optimal verlaufenen Tests von einem fünften oder sechsten Level ausgegangen.

 

Was bringt mir der HSK?

Besteht man den HSK mit dem Level sechs oder höher, so kann man sich innerhalb der nächsten zwei Jahre auf einer chinesischen Universität einschreiben. Doch leider wird ein Studium im Reich der Mitte von deutschen Hochschulen noch nicht anerkannt, so dass man auf einen chinesischen Bachelor nicht einfach in Deutschland den Master machen kann. Somit kam ich von meiner kühnen Vorstellung, mich später einmal an der Beida einzuschreiben, wieder ab. Denn diese Uni ist nicht nur eine der Besten Chinas, sondern verfügt außerdem noch über einen tollen Campus mit eigenem See, sogar eine Pagode steht dort.

Nun hoffe ich, mich im nächsten Sommer erfolgreich auf der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt einschreiben zu können. Diese bietet als einzige deutsche Universität den deutsch-chinesischen Doppelbachelor-Studiengang "Internationale Betriebswirtschaftslehre" an und ich hoffe, dass mir meine bestätigten Chinesischkenntnisse bei einer künftigen Bewerbung nutzen werden.

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