Auslandsjahr High School: Erfahrungsberichte & Forum

Hier findest du Erfahrungsberichte zum Thema Schüleraustausch in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Frankreich, Spanien etc ...

Hier der Bericht von Rahel:

Vorname:
Rahel
Alter:
18
aus:
Geislingen an der Steige
war:
für ein Semester in Helsinki, , Finnland
Schultyp:
Staatliche Schule

Hei, ich bin Rahel und bin nun seit 3 Monaten in Finnland. Ich genieße meinen Aufenthalt in vollen Zügen und bin froh, dieses wunderschöne Land besuchen zu dürfen. Ich wohne in einer Gastfamilie in Vantaa. Das kann manchmal ganz schön anstrengend sein, da ich nun drei Gastschwestern habe – normalerweise habe ich drei Brüder. Auch leben wir zu sechst auf relativ kleinem Raum, sodass ich über mein eigenes, kleines Zimmer richtig froh bin. Meine Gasteltern arbeiten voll, was für mich anfangs eine Umstellung war, denn wenn man nach einem langen Schultag nach hause kommt, muss man sich selbst etwas kochen. Auch geht jeder seinen Interessen nach, sodass ich anfangs oft nicht wusste, was ich tun soll, da ich ja noch nicht so viele Freunde hatte, mit denen ich mich z.B. am Wochenende treffen konnte. Jedoch hat es auch etwas gutes, dass jeder sein Leben führt, denn nach langen Schultagen ist es angenehmer, seine Ruhe zu haben, wenigstens für eine halbe Stunde.

Lange Schultage was heißt das eigentlich? Nun ja ich besuche hier eine Ganztagesschule, das Ressun Lukio in Helsinki. Es ist vergleichbar mit der gymnasialen Oberstufe, die hier allerdings schon mit der 10.Klasse beginnt, was bei uns in Deutschland ja noch nicht so verbreitet ist. An einem langen Schultag stehe ich morgens um halb 7 auf und fahre mit dem Bus 45 Minuten in die Schule. Um 8.10 Uhr beginnt dann der Unterricht von 10.55 bis 11.45 ist Mittagspause. Um 11.45 geht es dann weiter bis 16 Uhr. Natürlich haben wir nicht durchgehend Unterricht, jedoch sind die Stunden unterschiedlich lang, es variiert zwischen 60 und 90 Minuten. Zwischen den Stunden haben wir 10 oder 15 Minuten Pause. Morgens werden zwei Fächer und mittags 3 unterrichtet. Allerdings habe ich nicht jeden Tag von 8.00-16.00 Schule, da ich nur 6 Kurse belege und daher dann dementsprechend weniger Stunden habe. Jedoch wenn ich bis 16.00 Schule habe, komme ich meist erst um 5 Uhr heim wegen der recht lange Busfahrt. Nach so einem langen Tag ist es schön nach Hause zu kommen und einfach nur zu relaxen. Das ist jedoch eher eine Wunschvorstellung, denn daheim heißt es dann, etwas essen, Hausaufgaben machen, für mich ein bisschen Geige üben und dann schon wieder ab ins Bett. Zu Beginn war es für mich wirklich schwer zu begreifen, dass es an manchen Tagen schon zwischen 17h und 19h ist und nicht zwischen 13h und 16h. Jedoch langsam habe ich mich damit abgefunden.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich hier richtig gerne zur Schule gehe, trotz der langen Tage. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber die ganz Atmosphäre an der Schule ist eine andere. Vor allem das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist ein GANZ anderes. Hier nennt man Lehrer beim Vornamen und jeder hat die Telefonnummer der Lehrer. Diese sind auch sehr bemüht um ihre Klassen und scheuen keine zusätzlichen Stunden. Alle Lehrer, die ich bisher getroffen habe, sind interessiert, offen und hilfsbereit.  Ich möchte damit jetzt nicht sagen, dass unsere Lehrer schlecht sind, doch manch einer könnte sich von den Lehrern hier, eine Scheibe abschneiden.

Laut Pisastudie schneiden die Finnen am besten ab und das Schulsystem ist hoch gelobt. Ich denke, nach diesen 3 Monaten, dass es daran liegt, dass das permanente selbständige Lernen mehr gefördert wird. Das Schuljahr ist in 5 Jakso’s (Unterrichtseinheiten) à 6 Wochen Unterricht und 8 Tage Prüfungen eingeteilt. D.h. wenn man in einer Unterrichtseinheit 6 Kurse belegt hat, hat man an 6 der 8 Tage Prüfungen.  Auch gibt es am letzten Tag, also dem achten Tag, einen Klassenarbeitsrückgabetag, zu welchem alle Arbeiten korrigiert sein müssen. Ich find’s klasse! Dann hat man nicht das Problem, wie bei uns, dass die Lehrer sich rausreden können.

Es  heißt ja die Finnen seien ein schüchternes Volk, das stimmt auch, jedoch muss man nur offen sein und auf die Leute zugehen und dann klappt das. Ich hatte es, glaube ich, relativ leicht Freunde zu finden, da meine Schule nur aus der Oberstufe besteht. D.h. die Schüler kommen aus Vantaa, Espoo, Helsinki und z.T. sogar von weiter weg, sodass es nicht diese Gruppen gibt, die einen als Fremden betrachten und sich schon seit Jahren kennen.

Auf meiner Schule gibt es auch noch 4 andere Austauschschüler allerdings aus verschiedenen Ländern. Alle 4 sind schon seit letztem Sommer da und haben somit schon viele Freunde denen ich vorgestellt werde und das erleichtert mir das Leben ungemein.

Mit meinen Gastschwestern besuche ich das Ressu, jedoch habe ich mit ihnen während der Schule nichts zu tun, nur daheim, da wir nicht die gleichen Kurse belegen. Auch in meiner Freizeit unternehme ich nicht soviel mit meinen Gastschwestern. Ich spiele hier, wie in Deutschland, Geige und bin auch in einem kleinen Orchester. Mit meinen Freunden aus der Schule unternehme ich an Wochenenden ab und zu etwas, weswegen ich öfters kleine Diskussionen mit meinen Gasteltern habe, da ich am Wochenende abends nicht nur daheim sein möchte, wie meine Gastschwestern, sondern, wie gesagt, mit Freunden ins Kino etc. Das ist manchmal wirklich schwierig und man muss flexibel sein und v. a. Kompromisse finden und eingehen. Sonst dreht sich viel in meiner Freizeit um die Schule da sie doch den Mittelpunkt eines Schülerlebens in Finnland einnimmt. Ich finde es schade, dass die Finnen hier nicht soviel Freizeit haben wie z.B. wir deutschen Schüler, doch das könnte auch mit ein Grund für das gute Abschneiden in der Pisastudie sein.

Auch mit dem Finnisch geht es langsam voran. Obwohl man es jeden Tag hört und eigentlich schnell lernen müsste, dauert es doch länger, als man zu Beginn denkt, da sich geschriebene und gesprochene Sprache unterscheiden. Und ich spreche nicht von einem kleinen Unterschied. In der gesprochenen Sprache wird alles verkürzt, aber wirklich alles. So muss man sich erst einmal in die gesprochen Sprache reinhören und dann erraten welches Wort das sein könnte. Also ganz so schlimm ist es nur manchmal, wenn die Wörter wirklich nichts mehr mit dem ursprünglichen zu tun haben. So wird aus „Tule“(Komm!) nur noch „Tuu“ .Ich habe das Glück, hier in Helsinki zu sein und besuche einen super guten Finnisch-Kurs an der Uni, nur zu empfehlen! Der komplette Unterricht ist auf Finnisch und nur im äußersten Notfall wird englisch gesprochen. Ich muss dazusagen, dass ich schon einen fortgeschrittenen Kurs besuche, da mir die Zeit davon rennt und ich ja finnisch können will, nach meinen 5 Monaten. Das war am Anfang stressig, da ich alles von dem ersten Kurs lernen musste, aber jetzt geht es. Man muss eben auch seiner Familie in gewisse Weise klarmachen, dass man nicht nur englisch reden möchte. Auch wenn man anfangs nicht versteht, ist es besser, als wenn man sich vom Englischen jetzt aufs Finnische umstellen muss.

Für mich sind die größten Unterschiede zu Deutschland:

1. Sicherheit. Man kann hier nämlich durchaus bei Nacht ohne Probleme durch die Strassen laufen, da vieles videoüberwacht ist und es sehr viele Sicherheitsleute gibt – im Bahnhof, in der U-Bahn etc.

2. Schule. Wie oben beschrieben sehr verschieden und meiner Meinung nach besser.

3. Eine winzige Kleinigkeit. Man bedankt sich nach dem Essen beim Koch oder der Köchin bevor man aufsteht. Ich finde das eine schöne Tradition und werde sie, denke ich, in Deutschland weiterführen.

Zum Schluss möchte ich mich bei meinen Eltern ganz herzlich bedanken, die mir diesen Austausch ermöglicht haben und natürlich auch der Organisation ein herzliches Dankeschön fürs Regeln aller Dinge!

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