Auslandsjahr High School: Erfahrungsberichte & Forum

Hier findest du Erfahrungsberichte zum Thema Schüleraustausch in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Frankreich, Spanien etc ...

Hier der Bericht von Jennifer:

Vorname:
Jennifer
Alter:
16
aus:
Denzlingen
Schultyp:
Staatliche Schule

Was waren für dich die drei größten Unterschiede zwischen Zielland und Deutschland?

1. Schule

Die Schule ist in Finnland einfach ganz anders als in Deutschland - sowohl das gesamte System (ich will es nicht komplett erläutern) als auch die Atmosphäre dort.

Das hat zum Teil damit zu tun, dass man die Lehrer nicht mit der komischen gekünstelten Distanz behandelt wie in Deutschland - man siezt sie, respektiert sie aber zum großen Teil doch nicht - sondern sie duzt und relativ relaxt mit ihnen umgeht, aber der Lehrer trotzdem Respekt HAT und sich den nicht erst verdienen muss.

Für mich auch wichtig: Die Schüler lassen sich untereinander mehr Freiraum, man ist nicht gleich bei allen untendurch, weil man Metaller mit langen Haaren oder ein sehr modebewusstes Mädchen ist.

Auf dem Lukio sind sowieso (fast) alle 16 oder älter, haben selber entschieden, dass sie dort sein wollen und sind nicht so kindisch.

Man hat auch keine wirklichen Klassen mehr: Das Schuljahr besteht aus 5 Jaksos, also Terms, in denen man zwischen 4 und 8 Fächer wählt und an dessen Ende man Prüfungen in den jeweiligen Kursen hat. In jedem Kurs sind andere Leute... das kann von Vorteil oder Nachteil sein, für mich war es ein Vorteil.

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2. Sprache

Finnisch ist einfach total anders als Deutsch oder Englisch, aber ich habe mich schnell daran gewöhnt. Ich habe recht schnell angefangen, in Geschäften und in der Schule Finnisch zu reden...

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3. Landschaft

Ich komme ja aus dem Schwarzwald, rundrum sind bewaldete Berge oder Weinberge, zwischendrin Dörfer und Felder...

In Finnland war die erste Sicht aus dem Flugzeug: Wald. Sehr viel Wald. Seen zwischendrin. Viele Inseln und eine zerrupfte Küstenlinie.

Der Wald ist borealer Nadelwald, Laubbäume gibt es zwar (vor allem Birken), aber nicht soo viele; weiter im Norden gibt es kaum mehr welche. Im Wald gibt es viele Granitfelsen, bearbeitet von der Eiszeit... wirkt ganz anders (schöner) als mitteleuropäischer Wald.

Dörfer gibt es natürlich auch, aber sie sind meistens kleiner als in Deutschland oder bestehen aus unheimlich weit verteilten Häuseransammlungen. Felder hat es auch, aber immer mit Waldinseln.

Woran denkst du als erstes, wenn du an deinen Auslandsaufenthalt denkst?

An ziemlich viel, schwer zu sagen an was als erstes.

An die ganzen Leute, die ich kennengelernt habe, Schule, Natur, mein Sport, Lapplandreise im Februar.

...

Was hat dir besonders gut gefallen?

Dass ich eine Gelegenheit bekommen habe, ganz neu anzufangen. Keine alten Bekannten/Klassenkameraden, die irgendwelches Zeug über mich erzählen, sondern neues Land, neue Sprache, neue Freunde...

Das Auslandsjahr war, im Nachhinein betrachtet, eine verdammt gute Entscheidung.

Wie sieht ein typischer Schultag aus? War es leicht, Klassenkamerad/innen kennen zu lernen?

a)Ich hatte relativ viele Kurse (7), also fing mein normaler Schultag um 8.15 Uhr an.

Nehmen wir mal Dienstag im 5. Jakso.

Erste Stunde Biologie 1, einer der Pflichtkurse, die jeder machen muss. Es geht um grundsätzliche Dinge; Klassifizierung der Lebewesen, Evolution, Energiekreislauf in einem Ökosystem etc. Interessant eigentlich, leider habe ich einen langweiligen Lehrer erwischt, sodass es insgesamt nicht soo toll war.

 15 min Pause, um 9.45 Uhr dann Chemie Kurs 5 (Im Lauf des Schuljahrs habe ich die ersten 4 Kurse schon gemacht), als Thema pH-Wert, Säurekonstante und ähnliches. Wir haben eine gute Lehrerin (kann nicht sagen, welche der beiden Chemielehrerinnen ich besser finde) und ich mag Chemie sowieso. Außerdem sind mein Freund und eine gute Freundin im gleichen Kurs.

11.00 Uhr, da ich Erdkunde habe (im 2. Stock), habe ich die erste Essenspause genau jetzt bis 11.40, dann erst ist Stunde. Mittagessen gibt es immer warm und kostenlos aus der Schulküche, ist oft gut, manchmal etwas komisch.

Erdkunde bei dem gleichen doofen Biolehrer... mit Freundinnen links und rechts lässt es sich ertragen. Thema sind Gesteine, Erdbeben, Vulkane, Erosion, Vegetationszonen, Klima etc.

Wieder 15 min Pause, um 13.10 Uhr Gemeinschaftskunde. Eine Freundin neben einem ist echt unverzichtbar... dieses Fach ist mit Abstand das schwierigste für mich, wegen dem Vokabular und weil es um finnische Politik geht, über die ich nicht soo viel weiß (wie Inneministerin und Präsidentin heißen, toll...). Über den Lehrer erzählt man sich mancherlei Dinge, u.a. dass er bei der Abifeier versucht hat, mit einigen seiner ehemaligen Schülerinnen zu flirten. Ich finde ihn auch so unsympathisch.

15 min Pause, mit Freunden reden, dann 14.40 bis 15.50 Uhr die letzte Stunde - Schwedisch 2. Meine Lehrerin ist ziemlich streng zu den anderen, zu mir echt nett... es macht Eindruck, wenn man so ziemlich als einziger die zweite Amtssprache freiwillig lernt. Schwer ist es nicht, aber anders als in Deutschland lernt man recht wenig durch Kommunikation in dieser Sprache: Unterrichtssprache ist eher Finnisch, wir machen Aufgaben, Hör- und Leseverständnis, aber wir sprechen meiner Meinung nach zu wenig. Einer der wenigen Nachteile des Unterrichts in Finnland.

Danach nach Hause.

b)Wie ich schon erwähnt habe, es hat keine Klassen, mit denen man die ganze Zeit zusammen Unterricht hat.

Ich habe trotzdem Leute kennengelernt, einen Teil ganz am Anfang, manche erst nach fast einem halben Jahr... es ging eben schrittweise, ich war sehr zufrieden damit, anders als meine Gastmutter zu Anfang, sie dachte, ich wäre so einsam und hätte keine Freunde...

Manche fangen deshalb an mit einem zu reden, weil sie selber gerne Sprachen lernen, selber ein Jahr im Ausland waren oder mit anderen Austauschschülern befreundet sind. Mit anderen ergibt sich das einfach, man hat Kurse zusammen oder lernt sie durch andere kennen...

Leben in der Gastfamilie oder im Internat: Was ist ganz anders als zu Hause?

Die Familiensituation generell: Ich habe in Deutschland mit beiden Eltern gewohnt und habe zwei ältere Brüder (27,33). In Finnland hatte ich drei Gastschwestern (11,16,18) und war die ganze Zeit bei meiner Gastmutter.

Das war schonmal eine echte Umgewöhnung.

Außerdem waren meine Familie und ich so unterschiedliche Typen, dass es einfach schwer war für beide Seiten. Die mittlere Gastschwester war fast durchgehend bei ihrem Vater, ich habe sie nur in der Schule gesehen (mit ihr habe ich mich trotzdem am besten verstanden), die beiden anderen sind immer hin und her, manchmal war ich allein mit meiner Gastmutter - blöde Situation, denn wegen ein paar Zwischenfällen Anfang und Mitte des Jahres hätte ich mit ihr NIE über bestimmte Sachen geredet und habe ihr bestimmt nicht vertraut. Wir haben uns mit der Zeit immer besser an einander gewöhnt, trotzdem...

Hört sich vielleicht schlecht an, aber keiner von uns meinte irgendwas Böses.

Man kann mit der Gastfamilie einfach nicht so umgehen wie mit der richtigen Familie - sie sind zwar meistens wohlwollende und nette Leute, die wirklich versuchen, einen ein gutes Jahr haben zu lassen, aber sie können nicht die Familie ersetzen. Sie wissen zu wenig über einen, kennen einen nicht wirklich. Sie können wer auch immer sein, man lernt sie ja erst kennen, wenn man schon in Finnland ist - sie können, wie eben bei mir, total anders als man selbst sein, nicht nur, weil sie eben Finnen sind.

Oft ist es schwer für sie, sich im Klaren zu sein, dass man eben ein Mensch ist, der auch mal schlecht drauf ist, weint oder mal keine Lust hat und in Ruhe gelassen werden will.

Wie hast du die außerschulische Zeit verbracht?

Im Prinzip hatte ich immer Schule bis 14.30. Dreimal die Woche hatte ich Training, an den Wochenenden war ich mit meiner Gastfamilie irgendwo (im Wald mit den Hunden, auf Ausflügen, Volleyball spielen) und sonst oft bei meinem Freund (den hatte ich seit Januar).

 

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